Europa muss zur Sozialunion werden
SPD Senioren diskutieren über Europa.
Lauf. Ein heißes Thema stand nach der Sommerpause bei der SPD-Arbeitsgemeinschaft 60plus in Lauf auf der Tagesordnung. Der Vorsitzende Gottfried Siebel begrüßte alle Interessierten zur Veranstaltung „Ein steiniger Weg nach Europa“. Die EU habe den Menschen in Europa Frieden gebracht, aktuell werde aber weniger über das Zusammenleben als vielmehr über Rettungsschirme und Milliardenhilfe diskutiert, kritisierte Siebel. „Wir wollen, dass Europa endlich auch zur Sozialunion wird“, so der 60plus Vorsitzende.
Als Referentin begrüßte Gottfried Siebel Marietta Eder, die wissenschaftliche Mitarbeiterin der fränkischen SPD-Europaabgeordneten Kerstin Westphal. In ihrem Referat betonte die Schweinfurterin, dass es sich bei der aktuellen Krise nicht um eine „Eurokrise“ handle. Ursache für die aktuellen Probleme sei das Missverhältnis zwischen Finanzmärkten und Realwirtschaft. „In der SPD waren wir schon immer überzeugt davon, dass die Wirtschaft den Menschen dienen müsse und nicht umgekehrt. Konservative und Liberale in Deutschland und Europa machen nun aber eine Politik, die nur den Finanzmärkten dient“, ärgert sich Marietta Eder. Deshalb fordert sie ein Ende der Sparpolitik, bei der nur Rentner, Arbeitnehmer und Schüler die Zeche für die Krise bezahlen müssen. Staaten wie Griechenland und Portugal müssten aus der Krise wachsen können. Deshalb braucht es Investitionen in Infrastruktur und Wirtschaft, um den Teufelskreis der Rezession endlich zu beenden. „Wenn alle Staaten in Europa jetzt gleichzeitig auf die Investitionsbremse treten, dann schleudert es die europäische Wirtschaft aus der Kurve“, so Marietta Eder.
Um diese Investitionen finanzieren zu können fordert die SPD im Europäischen Parlament gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen aus Bundestag und Landtag die Einführung der Finanztransaktionssteuer. „Damit müssen sich diejenigen, die die Krise verursacht haben, auch an den Kosten für ihre Lösung beteiligen“, so Eder weiter. Die Finanztransaktionssteuer sei aber nur ein wichtiges Mosaikstück für eine neue Wirtschafts- und Finanzpolitik in der EU. Marietta Eder betonte, dass Europa nun an dem Scheideweg steht. „Es ist mittlerweile kaum mehr umstritten, dass wir eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik in Europa brauchen. Die entscheidende Frage ist jedoch welche“, betonte Marietta Eder. Staaten brauchen, damit sie eine gute Wirtschafts- und Sozialpolitik ermöglichen können, Einnahmen. Deshalb müsse Schluss mit Steuer- und Sozialdumping sein.
Eine besondere Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung kommt der europäischen Regionalpolitik zu. In der aktuellen Förderperiode fließen ca. 900 Millionen Euro nach Bayern. Damit können wichtige Projekte mit Hilfe von EFRE und ESF vorangebracht werden. Derzeit werde in Brüssel über die neue Förderperiode ab 2014 verhandelt. Die fränkische SPD-Europaabgeordnete Kerstin Westphal ist die zuständige Berichterstatterin der Fraktion für den Strukturfond. „Kerstin Westphal setzt sich dafür ein, dass Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen, wie etwa der Ausbau des Breitbands, Mittel zum Erhalt und Ausbau von Arbeitsplätzen oder Fördermöglichkeiten zur Gestaltung des demographischen Wandels in den Regionen weiterhin möglich sind bzw. werden“, erzählt Marietta Eder. Das europäische Parlament habe dazu vor der Sommerpause seine Position beschlossen. Im Herbst stehen die Verhandlungen mit Kommission und Rat auf dem Programm.
Mit großer Sorge wurde in der Diskussionsrunde nach dem Referat auf das Erstarken von Rechtsextremisten überall in Europa hingewiesen. Alle waren sich darüber einig, dass Nazis nirgendwo in Europa wieder eine Chance bekommen sollen. „Wir wollen ein friedliches, demokratisches und soziales Europa“, mit dieser Forderung beendete Gottfried Siebel den spannenden Nachmittag.
Helmut Stock für AG 60plus