Altersarmut in einem reichen Land
Welche Rolle Altersarmut auch in Bayern spielt und wie die Themen Rente, Pflege und Mindestlohn damit zusammenhängen, zeigte der Vorsitzende der SPD-Fraktion im hießigen Kreistag, Professor Dr. Thomas Beyer, in seinem Vortrag. Als Landesvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt Bayern mit dem Thema bestens vertraut konnte er die Arbeitsgemeinschaft „SPD 60plus“ dazu eingehend informieren. Zu der nachmittäglichen Veranstaltung hieß Gesprächsleiter Gottfried Siebel den Referenten und viele Seniorinnen und Senioren in der AWO-Begegnungsstätte am Hämmernplatz herzlich willkommen.
Der SPD-Politiker begann seine Ausführungen mit der Feststellung, dass Bayern zwar ein reiches Land sei, dass jedoch Armut in Familien, bei Kindern und im Alter nicht übersehen werden dürfen. Das Nettovermögen an Geld – nach Abzug der Verbindlichkeiten – betrage pro Haushalt in Bayern 61 000 €. Vermögen und Einkommen seien aber immer ungleicher verteilt. Heute verfügten die vermögendsten 10 Prozent der Bevölkerung über fast die Hälfte des Gesamtvermögens. Wer aber arm sei, dem fehlten die Mittel, die die Gesellschaft anderen ermöglicht. Ihm stünden viele Chancen in kultureller und sozialer Hinsicht nicht zur Verfügung.
Nicht gelten lässt Beyer den Hinweis auf ein derzeitiges neues Wirtschaftswunder, in dem wir uns angeblich befänden, denn wir haben die Schuldenbremse und die Defizitgrenze dürfe nicht überschritten werden. Zur Bekämpfung der Armut und zum Umbau der Gesellschaft sei es notwendig, die Besitzenden stärker als bisher zu besteuern. „Ist es unmoralisch, eine Gefahr für die Wirtschaft, wenn die Reichen ein bisschen mehr herangezogen werden?“ so der Referent wörtlich. Dafür sei im Koalitionsvertrag gar nichts zu lesen. „Regierenwollen ist legitim, aber es reicht nicht aus“, so seine Meinung.
Bei der Pflegeversicherung müsse daran erinnert werden, dass Betreuungsleistungen nicht unbedingt Pflegeleistungen seien. Seit Jahren schon sei ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff in der Diskussion. Die Leistungen der pflegenden Angehörigen müssten mit einbezogen werden. Nicht zu verstehen ssei, dass bei Beitragserhöhungen zur Pflegekasse die Arbeitgeber verschont, die Beitragszahler allein belastet werden sollen. Altersarmut entsteht auch durch unzureichende Leistungen der Pflegeversicherung.
Der Minestlohn kommt spät. Und selbst wenn ihn jemand ein Leben lang bezogen habe, könne er keine großen Sprünge machen, sondern lediglich das Überschreiten seiner Armutsgrenze vermeiden. Gesetzliche Mindestlöhne bleiben unverzichtbar, seien elementater Bestandteil des Prinzips sozialer Gerechtigkeit. Auch bei der Leiharbeit müsse es Änderungen geben. Und zwar müsse nach einer bestimmten Übergangszeit auch für Leiharbeiter der Grundsatz gelten: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
Die Rentnerinnen und Rentner sind für Dr. Beyer diejenigen, an denen die positive Entwicklung in Bayern bereits vor den Finanz- und Wirtschaftskrisen wie kaum an einer anderen Bevölkerungsgruppe vorbeigegangen sei. Unterbliebene Rentenerhöhungen hätten zu drastischer Mehrbelastung geführt und auch beim Rentenbezug zeige sich, dass auch in Bayern Armut überwiegend weiblich sei.
Nachdem Thomas Beyer seine Rede beendet hatte, dankte Gottfried Siebel, der auch die Diskussion leitete, dem Vortragenden für den aufschlussreichen Bericht.
Helmut Stock